Wir haben nur das Vorsegel gesetzt.

Wir schaukeln Richtung Ärmelkanal

Unser Wecker klingelt. Es ist Samstag, 12 Uhr. Nach unserer anstrengenden Fahrt haben wir noch ein paar Stunden Schlaf nachgeholt. Wir fühlen uns noch immer müde. Trotzdem stehen wir auf.

Wir wollen noch in die Stadt schauen, um unsere Obst- und Gemüsevorräte aufzustocken. Und bei dieser Gelegenheit holen wir uns noch ein paar Snacks, ohne die wir die Niederlande auf keinen Fall verlassen wollen. Spekulatius und Spekulatiusaufstrich – Erinnerungen an unsere Bootssuche im November letztes Jahr. Außerdem nehmen wir auch noch ein paar Tafeln Schokolade für die Weiterfahrt mit.

Früher war alles besser

Wir verlassen den Supermarkt mit drei vollen Einkaufstüten. Für die kommende Woche sollten wir nun auf jeden Fall genug Proviant haben. Unsere Einkäufe müssen wir jetzt noch zurück zum Boot tragen. Früher war das definitiv einfacher, weil unser Auto nur wenige Meter vor dem Geschäft auf uns wartete.

Jetzt liegen wieder 2,5 Kilometer Fußmarsch vor uns. Aber es ist schön, dabei auch ein bisschen mehr von der Umgebung zu sehen. Und die nächsten Tage werden wir vermutlich sowieso wieder nur wenige Schritte machen.

Zurück am Boot verstauen wir unsere Einkäufe, machen ein bisschen sauber und füllen unser Wasser wieder auf. Anschließend gönnen wir uns eine Dusche. Auch das ist keine Selbstverständlichkeit mehr. Denn unsere YLVI hat keine Dusche. Früher wäre es für mich unvorstellbar gewesen, nicht jeden Tag duschen gehen zu können. Heute macht mir das nichts mehr aus. Ist sowieso nicht gesund für Haut und Haare. Wenn du mehr dazu wissen willst, kann ich dir einen Podcast über Körperpflege von WISSEN WEEKLY empfehlen.

Am Abend bestellen wir uns noch eine Pizza und dann gehen wir auch schon wieder ins Bett, um morgen wieder fit für die Weiterfahrt zu sein.

Und los geht die Schaukelei

Gegen 8 Uhr morgens schaffen wir es aus dem Bett. Eigentlich wollten wir ja schon um 6 Uhr aufstehen. Da waren wir aber noch zu müde.

Das Wetter ist zwar nicht besonders schön, trotzdem will ich unbedingt noch zum Strand. Also starten wir unseren Tag mit einem kleinen Spaziergang. Der erste Teil des Weges ist übrigens bereits der von unserem Platz im Hafen bis an Land und mindestens so lange, wie der weitere Spaziergang zum Strand.

Wir stehen am Strand in Ijmuiden

Zurück am Boot verstauen wir noch die letzten Sachen so, dass sie auch bei Schräglage möglichst nicht durch die Gegend fliegen können. Und dann legen wir auch schon ab.

Raus aus dem Hafen erwarten uns auch schon die ersten Wellen, die uns von einer Seite zur anderen schaukeln. Das ganze Spektakel können wir auch bei den anderen Seglern beobachten. Wobei wir hier den Vorteil haben, dass wir so schwer sind. Also nicht wir, sondern unser Boot. 😉 Dadurch schaukeln wir zum Glück nicht ganz so stark.

Wir holen unser Vorsegel raus. Und werden wenigstens ein klein wenig stabiler.

Wir haben nur das Vorsegel gesetzt.

So unruhig bleibt es nun stundenlang. Aber immerhin sind wir mit 6 bis 7 Knoten schnell unterwegs. Nebenbei lese ich ein wenig und nehme dabei das Schaukeln nicht mehr als so störend wahr.

Das erste Mal unter Windsteuerung

Außerdem bereiten wir unsere Windfahnensteuerung (Aries) vor. Zum Glück hilft uns Jochen, der Erstbesitzer unserer YLVI (ehemals JURMO) über’s Handy dabei. Die Installation, also das Einfädeln der Seile ist schnell erledigt. Jetzt muss noch das Ruder dran. Dazu muss Roman auf die Badeplattform und hinten an der Aries das Ruderblatt montieren.

Roman montiert die Windsteuerung am Heck

Grundsätzlich ist die Aries betriebsbereit. Wir probieren herum und verstehen nicht gleich, wie wir die Windfahne einstellen müssen. Nach einigen Versuchen haben wir es dann aber geschafft. Unseren elektrischen Autopilot, der uns die Fahrt durch den Kielkanal wesentlich angenehmer gemacht hat, können wir nun zur Seite legen und freuen uns, dass dieses Geräusch vom Autopilot auch endlich weg ist.

Jetzt hören wir nur noch Wind, Wellen und ab und zu das Geschirr, das durch die Schaukelbewegungen im Abwaschbecken hin und her rutscht.

Am Nachmittag setzen wir auch noch das Großsegel, das wir aber eine Stunde später wegen Starkwind reffen müssen und kurze Zeit später komplett wegnehmen. So dass nur noch das Vorsegel steht. Das bekannte Sprichwort „Wenn du ans reffen denkst, ist es bereits zu spät.“ können wir somit bestätigen.

Kochen bei Schräglage

Mittlerweile ist es schon wieder Abend. Also versuche ich zum ersten Mal bei solchem Wellengang zu kochen. Gar nicht so einfach. Leider haben wir auch keinen kardanischen Herd, der sich mit bewegt, also nehme ich große Töpfe und fixiere sie so gut es geht am Herd.

Es dauert alles viel länger, als in einer gewöhnlichen Küche. Ständig schaue ich, dass ich nichts frei liegen lasse und räume alles direkt weg, damit nichts durch die Gegend fliegen kann.

Aber der Aufwand hat sich gelohnt. Es schmeckt richtig lecker. Am Boot schmeckt sowieso alles mindestens doppelt so gut.

Kochen bei Schräglage

Die Angst vorm Kentern

Gegen 22 Uhr legt sich Roman ins Bett und ich übernehme die erste Schicht.

Kurz nach Mitternacht wecke ich Roman wieder. Zumindest dachte ich das. Er sagt mir, dass er sowieso nur minutenweise schlafen konnte.

Der Wind hat aufgefrischt und der Wellengang ist noch heftiger geworden. Mein logischer Verstand sagt mir zwar, dass diese Wellen unser Boot nicht zum Kentern bringen werden, aber die Angst ist trotzdem da.

Wir bleiben eine Weile gemeinsam im Cockpit sitzen. Wind und Welle bleiben einigermaßen gleich. Also lege ich mich ins „Bett“.

Weil ich nach etwa einer Stunde noch immer nicht schlafe, stehe ich wieder auf. Die Wellen sind zu heftig, um Schlaf zu finden. Durch die Wellen schaukelt es nicht nur, sondern es ist auch unglaublich laut, wenn die Wellen wieder und wieder gegen den Rumpf knallen.

Also setze ich mich wieder zu Roman raus. Wir quatschen ein wenig. Und ich versuche mich hier ein wenig auszuruhen. Denn hier ist es von der Lautstärke und Wackelei viel angenehmer als im Inneren. Aber leider ist es ganz schön kalt.

Schlaflose Nächte

Gegen 4 Uhr versuche ich nochmal, mich drinnen einzukuscheln. Ich lege mich samt Schwimmweste ins Bett. Weil ich sowieso nicht dachte, dass ich einschlafen würde. Nach etwa 30 Minuten schlafe ich tatsächlich. Gegen 5.30 Uhr werde ich wach. Immerhin konnte ich eine Stunde (lang) schlafen.

Mir ist extrem kalt. Und ich weiß, dass ich mich nie wieder mit voller Montur ins Bett lege. Ich habe bereits 4 Schichten übereinander an und trotzdem friere ich.

Während ich mich fertig für meine nächste 3-Stunden-Schicht mache, wird mir zumindest etwas wärmer.

Roman versucht währenddessen Schlaf zu finden. Die Wellen schaukeln unser Boot weiterhin von einer Seite zur anderen und wieder zurück.

Ich setze mich raus und beobachte das Geschehen um mich herum. Am Radar haben wir außerdem auch eine Warnung eingestellt, die signalisiert, wenn etwas in einem bestimmten Bereich rund um unser Boot befindet. Das können zum Beispiel andere Schiffe und Bojen sein.

Unser Radarbildschirm am Tablet

Ich beginne diesen Blogbeitrag am Tablet zu schreiben. Nach etwa 30 Minuten spüre ich einige Regentropfen. Also packe ich das Tablet in seine wasserdichte Hülle und verstaue alles, was sonst noch so im Cockpit herumliegt und nicht nass werden sollte. Hoffentlich bleibt es bei diesen paar Regentropfen.

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Wir sind Anita & Roman und haben 2021 unser Haus verkauft, um auf ein Segelboot zu ziehen.

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