Gestern im Krankenhaus & heute auf der Nordsee segeln

Am Mittwoch, dem 15. Juni ist es so weit. Wir legen gegen 14 Uhr im Cuxhaven ab. Normalerweise wären wir ja direkt am Morgen losgefahren. Aber hier auf der Nordsee müssen wir auf die Gezeitenströmung achten. Außerdem wollten wir noch wissen, wie es mir mit meiner Hüfte geht, wegen der wir gestern noch im Krankenhaus waren.


kleiner Rückblick:

5 Tage zuvor dürfte ich am Ankerplatz vor Kiel beim über die Reling Steigen um unseren Trittfender zu testen, meine Hüfte falsch belastet haben. In der folgenden Nacht hatte ich im Liegen starke Schmerzen und konnte mich kaum bewegen. Am nächsten Morgen beim Aufstehen war alles wieder okay und ich hatte nur ab und an ein leichtes Ziehen in der Hüfte. Auch die nächsten Tage hatte ich fast keine Schmerzen und dachte eigentlich, das würde in wenigen Tagen schon von allein wieder verschwinden.

Doch die letzten zwei Nächte hatte ich wieder stechende Schmerzen im Liegen, sobald ich mich auch nur ein kleines Stück drehen wollte. Im Sitzen, Gehen und Stehen hatte ich seltsamerweise bis gestern keine Probleme. Die Schmerzen bei Bewegung begannen erst gestern am Weg ins Krankenhaus so richtig.

Bei der Untersuchung im Krankenhaus wurden meine Gelenke getestet und festgestellt, dass mit meinen Bandscheiben und Gelenken alles in Ordnung sein dürfte. Vermutlich habe ich nur einen Muskel überbeansprucht.

Ich habe Schmerzmittel verschrieben bekommen, von denen ich nach Absprache mit einer befreundeten Krankenschwester etwas weniger als die Hälfte einnehme.


Noch schnell tanken & dann geht’s los

Heute sind die Schmerzen zum Glück wieder besser und ich traue mir zu, dass wir heute lossegeln.

Bevor wir aus dem Hafen in Richtung Nordsee fahren, füllen wir an der Tankstelle noch unseren Dieseltank auf.

Wir haben am Boot keine Anzeige, die uns sagt, wie voll unser Tank noch ist. Zwar haben wir überlegt, nachträglich eine zu installieren, das war uns aber dann doch zu teuer und aufwendig.

Insgesamt haben in unserem Tank knapp 500 Liter Platz. Also auf jeden Fall genug, um nicht überraschend mit einem leeren Tank da zu stehen. Ab und zu messen wir mit dem Maßstab, um herauszufinden, wie viele Zentimeter Diesel noch im Tank sind.

Boots-Tankstelle in Cuxhaven

Wir schätzen dann ab, wie viele Liter das ungefähr sein könnten. Zum Glück haben wir Aufzeichnungen der beiden Vorbesitzer, mit denen wir einigermaßen feststellen können, wie viele Zentimeter wie vielen Litern Tankinhalt entsprechen.

Wir tanken heute zum ersten Mal und haben beim Messen nach unserer letzten Fahrt von Brunnsbüttel nach Cuxhaven 34cm gemessen. Weil der Diesel hier gerade 2,399 € kostet, haben wir entschieden, nicht vollzutanken. Das hier ist übrigens kein gewöhnlicher Diesel, sondern biofrei.

Biofreier Diesel

Heutzutage wird in fast alle Dieselkraftstoffe ein Bio-Anteil beigemischt. Das hat den Nachteil, das der Kraftstoff dadurch nicht mehr so lange haltbar ist. Bei Autos ist das normalerweise kein Problem, weil der Diesel meistens nicht so lange im Tank bleibt. Beim Boot kann es schon mal länger dauern, bis der Diesel verbraucht wird, vor allem, wenn man wie wir einen 500 Liter Tank hat und diesen volltanken würde. Hier gibt’s mehr Infos zum Diesel ohne Biozusätze.

Nachdem wir 125 Liter Diesel getankt haben, fahren wir aus dem Hafen raus. Auf den ersten Meilen sehen wir ein paar Segelboote, die in Richtung Helgoland fahren oder von dort kommen. Wir haben auch überlegt, erst nach Helgoland zu fahren aus dem Grund, weil der Diesel dort zollfrei und deshalb um einiges günstiger ist. Laut unserer Internet-Recherche kostet er dort nur 1,62 € (aktueller Dieselpreis auf Helgoland). Wir hätten uns also etwa 100 € erspart.

Allerdings hätten wir auch nicht gewusst, wie schnell wir dort wieder weg kommen. Denn wenn der Wind nicht passt, dann steht man eben ein paar Tage dort und zahlt Hafengebühren (soweit wir wissen, auch dann, wenn man vor Anker liegt) oder man würde unter Motor gegen den Wind fahren, was die Ersparnisse der Treibstoffkosten ebenso bald wieder zunichte machen würde.

Außerdem sind wir der Meinung, dass mineralische Treibstoffe ihren Preis haben dürfen. Denn immerhin schaden sie unserer Umwelt. Schön wäre, wenn zumindest ein Teil des Geldes zum Schutz der Umwelt investiert würde. Und natürlich wollen wir möglichst wenig unter Motor fahren.

So setzt sich der Dieselpreis übrigens zusammen:

in Deutschland:

bei einem Preis von 2,08 € pro Liter:

  • Kosten, CO2-Abgabe & Gewinne: 1,277 €
  • Energiesteuer: 0,47 €
  • Mehrwertsteuer: 0,333 €

Quelle: statista.com

Dagegen kommen wir uns klein & hilflos vor…

Nachdem wir aus der Zufahrt zur Elbe raus sind und in Richtung Westen drehen, holen wir endlich die Segel raus. Erst setzen wir unser Großsegel und dann unsere 2. größte Stagreiter-Genua, die wir im Hafen bereits vorbereitet haben.

Mit der Strömung und etwa 12 Knoten Wind aus Norden schaffen wir mit unserer YLVI knapp 7 Knoten Fahrt.

Gegen 21 Uhr dreht die Strömung. Wir werden langsamer und schaffen gegen die Strömung bald nur noch etwa 4 Knoten. Gemütlich für die Nacht.

idyllischer Sonnenuntergang auf der Nordsee in lila Farben

Roman legt sich gegen 22 Uhr ins Bett und ich übernehme die erste Schicht. Schon bald rufe ich ihn. Denn ein Frachter, der erst in Richtung Verkehrstrennungsgebiet, eine riesige Schifffahrtsstraße, gefahren ist, dreht so, dass er unseren Weg kreuzen wird. Wir drehen Backbord, also nach links, um an ihm vorbeizukommen. Auf einmal dreht er noch einmal und fährt direkt auf uns zu. Wir drehen wieder nach Steuerbord, um rechts an ihm vorbei zu fahren.

Alles gut. Er fährt hinter uns vorbei.

Wir fragen uns, was er hier macht, da wir an der Küste entlang fahren und die großen Schiffe bisher nur weit entfernt an unserer rechten Seite vorbeigefahren sind. Vielleicht um eine Abkürzung zu nehmen? Eine Zufahrt zum Land ist für einen Frachter seiner Größe hier auch weit und breit nicht möglich. Gegen so einen riesigen Frachter kommen wir uns total klein und hilflos vor.

Bei der Schifffahrtsstraße vor Bremerhaven ist zum Glück wenig los. Wir sehen, dass wir unter Motor so schnell wie möglich durch kommen. Geschafft. Roman legt sich wieder ins Bett.

Am Horizont ist die Sonne noch immer nicht ganz weg und ich habe gute Sicht. Meine Befürchtung einzuschlafen, hat sich nun auch aufgelöst. Dazu bin ich in meiner ersten Nachtwache viel zu aufgeregt. Ich beobachte die Schiffe in der Umgebung und mache mich mit unserem Radar vertraut.

Schon vor Mitternacht kommt Roman wieder ins Cockpit. Er kann nicht einschlafen. Gutes Timing – in etwa 30 Minuten hätte ich ihn sowieso geweckt, um das Verkehrstrennungsgebiet nach Bremerhaven und Wilhelmshaven zu queren.

Hier liegen scheinbar mehrere riesige Schiffe vor Anker. Auch das ist uns ein Rätsel. Denn der Ankerplatz wäre laut Karte eigentlich weiter rechts. Oder warten sie auf die Lotsen, die wir jetzt passieren?

Schlafen im „Wohnzimmer“

Auf der anderen Seite der Schifffahrtsstraße angekommen mache ich mich fertig für‘s Bett. Mein Bett ist heute auf der linken Bank in unserem „Wohnzimmer“. Im Bug, wo wir normalerweise schlafen ist es während der Fahrt zu unruhig. Hier ist es aber ganz praktisch, weil wir uns gegenseitig sofort wecken können und je nach Schräglage können wir uns für die linke oder rechte Bank entscheiden.

Unser Schlafplatz auf der Wohnzimmerbank

Roman hat das Bett vorhin schon vorbereitet. Allerdings nur eine dünne Decke – kein Wunder, dass er da nicht schlafen kann. Ich hole mir auch noch meine Gewichtsdecke, die meine Schlafqualität in den letzten Jahren enorm verbessert hat und deshalb auch unbedingt mit auf‘s Boot musste. Bei unserem über 10 Tonnen schweren Boot fällt sie mit ihren 6kg auch nicht mehr ins Gewicht.

Es dauert eine Weile, bis ich endlich einschlafen kann. Ich werde ein paar Mal kurz munter, aber schlafe immer wieder direkt gleich weiter. Gegen 3.30 Uhr weckt Roman mich, um ihn abzulösen. Direkt beim Aufwachen freue ich mich, dass ich weiterhin keinerlei Schmerzen in meiner Hüfte habe und endlich wieder alleine aufstehen kann.

Übermüdet in den ersten Tag

Ich bin noch total müde. Aber ich bin ihm dankbar, dass er mir 30 Minuten geschenkt hat, denn wir hatten ausgemacht, dass er bis 3 Uhr übernimmt. Also ziehe ich mir meine Segelbekleidung und Schwimmweste wieder an und gehe raus ins Cockpit. Roman sagt mir, dass alles ruhig ist und ich sehe mir an, wo wir gerade sind.

Währenddessen ich im Cockpit sitze, Podcasts höre und beobachte, was um mich herum passiert, versucht Roman noch einmal schlafen. Bis auf ein großes Segelschiff, das in Richtung eines Hafens fährt, sehe ich in den nächsten Stunden kein anderes Schiff in unserer Nähe.

Schon gegen 5.30 Uhr steht Roman wieder auf. Immerhin hat er knapp 2 Stunden geschlafen. Er löst mich wieder ab und ich finde nochmal weitere 2 Stunden Schlaf. Bis Roman mich um 7.30 Uhr weckt, um die Segel einzuholen. Sie fallen nämlich schon ein, weil der Wind zu schwach ist.

Weiter geht’s unter Motor…

Unter Motor fahren wir anfangs 4,5 Knoten und bald nur noch 3 Knoten, weil die Strömung hier leider schon wieder gegen uns gedreht hat.

Unsere erste Nacht unter Segeln ist geschafft. Und sie war viel besser als gedacht. Vermutlich sind wir noch 1-2 Tage unterwegs, bevor wir in den nächsten Hafen einfahren, wo wir einen stärkeren Wind abwarten wollen.

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Wir sind Anita & Roman und haben 2021 unser Haus verkauft, um auf ein Segelboot zu ziehen.

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