Am Anfang standen wir vor der Frage „Boot oder Van?“. Wie du vermutlich schon weißt, haben wir uns für ein Boot entschieden. Die Gründe für diese Entscheidung wollen wir dir in diesem Beitrag erläutern.
Freiheit
Für uns war von Anfang an klar, wir wollen auch an Orte kommen, an denen nur wenige Menschen vor uns waren bzw. an denen wir unsere Ruhe haben und weg vom ganzen Trubel kommen, dem wir im „normalen“ Leben sonst so ausgesetzt sind.
Mit einem Van wären wir an Straßen gebunden, für die der Van mehr oder weniger geländegängig gebaut sein müsste. Gerade die schönsten Orte haben selten eine schön asphaltierte Straße bis zum Stellplatz. Ein klarer Vorteil also für das Boot, mit dem wir nicht an feste Wege gebunden sind und auch sehr entlegene Orte erreichen können, wenn wir das möchten.
Der Nachteil beim Boot ist ganz klar: Wir können keine Orte erreichen, die keinen Meerzugang haben.
Kosten
Mit einem fahr- oder schwimmbaren Untersatz fallen auch Fixkosten für zum Beispiel Versicherung an, die man berücksichtigen sollte.
Mit dem Boot ist es im Gegensatz zum Van möglich, sich fortzubewegen, ohne direkt auf Kraftstoff angewiesen zu sein. Das ist ein ganz klarer Vorteil für’s Boot. Auch die Versicherung betreffend ist ein Boot um einiges günstiger. Für die Versicherung zahlen wir etwa 300€ pro Jahr für knapp 12 Meter Länge. Zusätzlich ersparen wir uns mit dem Boot die jährliche Überprüfung auf Fahrtauglichkeit, wie sie beim Van notwendig wäre, und damit Reparaturen, die quasi vorgeschrieben werden und nicht selten teuer ausfallen können.
Fallen bei einem Boot größere Reparaturen an, wird es schnell sehr teuer. Besonders dann, wenn die Arbeiten nicht selbst erledigt werden können. Alleine das Boot aus dem Wasser zu heben und ein Liegeplatz an Land bzw. in einer Werft kostet meist schon mehrere hundert Euro. Werden neue Segel fällig, was je nach Einsatzdauer alle 10-20 Jahre der Fall ist, kostet das pro Segel auch locker über Tausend Euro.
Wir achten darauf, wenn immer möglich vor Anker zu liegen. Das ist nicht immer die bequemste Art zu übernachten, doch so sparen wir nicht nur Zeit und Papierkram in den verschiedenen Häfen, sondern auch viel Geld. Eine Nacht im Hafen mit Strom- und Wasseranschluss kostet zwischen 10 und 100€ für ein Boot unserer Größe.
Die Preise sind stark vom Segelgebiet abhängig. Hier auf den Kanaren ist es im Gegensatz zum Mittelmeer günstig. Auf unserer ersten Segelreise in Kroatien haben wir in einem Hafen für 5 Stunden 30 € bezahlt. Für unseren letzten Hafenaufenthalt von 5 Nächten auf Fuerteventura zahlten wir hingegen insgesamt nur 60 € (also 12 € pro Nacht). Auch Ersatzteile bekommen wir hier vergleichsweise günstig.
Im Bereich der Kosten hat unserer Meinung nach der Van einen klaren Vorteil. Allerdings nur dann, wenn man sich entscheidet Haus oder Wohnung aufzugeben bzw. zu vermieten. Hätte wir uns für einen Van entschieden, dann hätten wir unser Reihenhaus vermutlich untervermietet. Was natürlich eine schöne Einnahmequelle gewesen wäre. Haus und Boot wäre für uns finanziell nicht machbar gewesen, ohne einen Kredit aufzunehmen.
Machen doch alle
Gerade in den letzten Jahren gibt es einen starken Trend zu mehr oder weniger autarken Fortbewegungsmitteln. Und auch Reisen und Arbeiten von unterwegs wird für viele Menschen wichtiger als je zuvor.
Diesen Trend merken wir sowohl bei Booten, als auch bei Vans. Die Nachfrage nach gebrauchten Booten hat sich zum Beispiel im Jahr 2021 auf manchen Plattformen wie Boat24.com um 50% erhöht. Diese hohe Nachfrage lässt natürlich auch die Preise im jeweiligen Bereich steigen. Boote werden zum Beispiel in manchen Fällen ungesehen gekauft oder sind innerhalb kürzester Zeit wieder vom Markt.
Trends im Bereich des autarken Reisens bringen auch mit sich, dass es an den vermeintlich ruhigen und schönen Orten in Wirklichkeit gar nicht so ruhig ist, wie man es vielleicht gerne hätte. Hier auf den Kanaren zum Beispiel stehen unzählige Vans in der Landschaft herum und es wäre auf dem Landweg wirklich schwierig, einen ruhigen, schönen Platz zu finden, ohne ein paar Meter entfernt den nächsten Van stehen zu haben. Die Tatsache, dass diese Plätze an Land immer voller werden, und dass damit auch immer mehr Verbote für ebendiese Übernachtungen in Vans folgen werden, wurde uns zum Glück schon recht früh bewusst, was für uns einen weiteren Pluspunkt für das Boot bedeutete.
Natürlich sind auch auf dem Wasser während der Saison gewisse Gebiete komplett überlaufen, wie zum Beispiel das Mittelmeer oder die Karibik. Ein Grund, warum es uns aktuell auch (noch) nicht in diese Gebiete zieht.
Umweltfaktor
Mit unserem Segelboot können wir uns sowohl vom Wind antreiben lassen, als auch mit Motorkraft fortbewegen. Hierbei achten wir natürlich darauf, den Motor so wenig wie möglich zu benutzen. Emissionsfreie Motoren kommen bei Booten und Autos immer öfter zum Einsatz. Zur Zeit ist diese Antriebsart noch etwas teuer. Aber das wird in ein paar Jahren wahrscheinlich schon anders aussehen.
Unter das Thema Umweltverträglichkeit fällt aber für uns nicht nur die Antriebsart, sondern auch insgesamt die Materialien, die im jeweiligen Fortbewegungsmittel verbaut sind. Hier macht es zum Beispiel schon einen Unterschied, ob das Boot aus GFK oder Aluminium gebaut ist, welches Antifouling oder welches Material für den Innenausbau verwendet wird.
Beim Auto sind es die Reifen, die für sehr viel Mikroplastik in der Umwelt verantwortlich sind. Beim Boot gibt das Antifouling – also der Unterwasseranstrich, der das Unterwasserschiff vor Bewuchs schützt und dabei leider umweltschädliche Stoffe an das Wasser abgibt. Jedoch werden laufend umweltverträglichere und qualitativ hochwertige Produkte wie Copper Coat auf den Markt gebracht, auf die wir bei Gelegenheit auch bevorzugt zurückgreifen möchten. Diese Möglichkeit besteht für Autoreifen bisher noch nicht.
Sowohl beim Boot, als auch beim Van können einige Dinge umgesetzt werden, um die Fortbewegung damit so umweltverträglich wie möglich zu gestalten. Bei diesem Thema gibt es also auf den ersten Blick keinen klaren Gewinner.
Mach eine Liste
Wir beide sind große Freunde von Listen, wenn es darum geht, sich für etwas zu entscheiden. Eine Pro- & Kontra-Liste kann bei der Entscheidung sehr hilfreich sein und bringt die eigenen Gedanken auf einem Blick zusammen.
Für dich haben wir dazu unsere Original-Liste, die für unsere Entscheidung ausschlaggebend war ausgegraben und möchten dir hier einen Einblick in unsere Haus-Van-oder-Boot-Liste geben:
Vorteile – Haus | Vorteile – Van | Vorteile – Boot |
---|---|---|
gute Geldanlage | weniger Besitz | weniger Besitz |
viel Platz | viel Freiheit & Abenteuer | noch mehr Freiheit & Abenteuer |
sicher | kein Urlaub notwendig | kein Urlaub notwendig |
Heizung | keine Schulden | keine Schulden |
Küche | keine Nachbarn | keine Nachbarn |
Komfort | weniger Kosten | weniger Kosten |
weniger zum Putzen | weniger zum Putzen | |
Orte mit besserem Wetter | Orte mit besserem Wetter | |
vieles selbst reparieren | ||
unabhängiger |
Nachteile – Haus | Nachteile – Van | Nachteile – Boot |
---|---|---|
zu viel Platz | Mechaniker notwendig (Spezialwerkzeuge) | vermutlich immer wieder Reparaturen |
viel Arbeit | sehr wenig Platz | weniger Komfort |
keine/wenige Abenteuer | hohe Nachfrage | weg von Familie & Freunden |
schlechtes Wetter | Spritkosten | Risiko von Totalverlust |
Kreditraten | Umweltbelastung | mehr Gefahren |
Nachbarn | Kondenswasser in kühleren Gebieten | Hafengebühren |
eher wetterabhängig | ||
ans Land gebunden | ||
mehr Reglementierungen |
Uns hat diese Liste geholfen abzuwägen und eine Entscheidung nach unseren Werten und Prioritäten zu treffen.
Boot oder Van kaufen?
Wir haben neben dem Aufstellen unserer Liste viel überlegt, geplant und Videos angesehen, um zu entscheiden, ob ein Boot oder Van besser zu uns und unseren Vorstellungen passt. Schlussendlich kamen wir aber nicht daran vorbei, es einfach für ein paar Tage auszuprobieren. Denn was nützt es, wenn die schönen Vorstellungen nicht mit der Realität zusammenpassen?
Auf Instagram, YouTube und sonstigen Seiten werden die schönen Momente und Erfahrungen besonders hervorgehoben und diese Momente sind es auch, die im Nachhinein in Erinnerung bleiben.
Dennoch finden wir es sinnvoll, sich erstmal einen Van zu leihen, ein Boot zu chartern oder mit jemandem mit zu segeln, bevor man selbst eine große finanzielle Entscheidung trifft und dann enttäuscht wird. Zusätzlich hilft es auch, sich mit anderen Menschen auszutauschen und sich deren Erfahrungen anzuhören.
Aus unserer zweiwöchigen Mitsegelgelegenheit im Sommer 2021 in Kroatien, sind mittlerweile ein eigenes Segelboot, über 2200 zurückgelegte Seemeilen und über ein Jahr leben an Bord geworden. Und wir haben keine Sekunde dieser Entscheidung bereut. Wie unser erstes Jahr am Boot verlaufen ist kannst du in unserem Jahresrückblick 2022 nachlesen.
Schreib uns gerne, wenn du gerade vor dieser oder einer ähnlichen Entscheidung stehst. Oder kommentiere einfach, wofür du dich entscheiden würdest – Haus, Van oder Boot? Oder vielleicht sogar entschieden hast?