Wenn man denkt, dass ein Seglerleben nur aus Wasser, Wind und Wellen besteht, hat man die besonderen Momente noch nicht erlebt, in denen der Anker fällt und das Festland zu einem Abenteuerspielplatz wird. Nach der anstrengenden Fahrt durch die Straße von Gibraltar sehnten wir uns nach festem Boden unter den Füßen und der Möglichkeit, unsere Beinmuskulatur wieder zu aktivieren.
Die Wanderung auf den 426 Meter hohen Felsen versprach nicht nur spektakuläre Ausblicke auf zwei Kontinente und zwei Meere, sondern auch Begegnungen mit den einzigen frei lebenden Affen Europas. In diesem Beitrag teilen wir unsere Erfahrungen, damit ihr bei eurem eigenen Landgang in Gibraltar wisst, was euch erwartet.
Inhaltsverzeichnis
Vorbereitung und beste Besuchszeit
Die Tage vor unserer Wanderung war der Fels von Gibraltar immer wieder von dichten Wolken bedeckt. Deshalb haben wir uns einen möglichst windstillen Tag für unsere Tour ausgesucht. Denn wenn die feuchte Luft vom Mittelmeer auf die Bergflanke trifft, wird diese nach oben gelenkt, wo die Temperatur mit steigender Höhe immer weiter abnimmt und sich Kondensationswolken bilden.
Die Einheimischen nennen dieses Phänomen „Levanter Cloud“ – eine Art Wolkenwasserfall, der den Felsen einhüllt und die Sicht komplett nimmt.
Wir haben einige Tipps bekommen, die sich zum Teil widersprochen haben. Vor allem in Bezug auf die Art, den Berg zu erklimmen. Die einen empfahlen uns ein Taxi zu nehmen, andere, dass wir ihn zu Fuß besteigen sollten und wieder andere, dass wir die Gondel nehmen sollten.
Das sind dann auch alle 3 Möglichkeiten, die es zur Auswahl gibt. Wer uns kennt, weiß, wofür wir uns entschieden haben. Natürlich für den Fußweg.
Wir haben uns vorab schon die Karte vom Naturreservat angesehen. Zur Route haben wir uns aber noch keine großartigen Gedanken gemacht, sondern wollten einfach vor Ort schauen, was sich anbietet. Die einzige Attraktion, die auf jeden Fall auf unserer Strecke liegen sollte, war die St. Michael’s Cave.
Grenzerfahrungen
Nachdem wir uns im Supermarkt mit Proviant für den Tag eingedeckt hatten, mussten wir nochmal zurück zum Boot. Denn wir hatten unsere Reisepässe vergessen. Zum Glück ist der Weg an diesem Ankerplatz mit dem Beiboot nicht so weit.
Wir machten unser Beiboot also ein zweites Mal bei den Treppen an der Außenseite des Hafens fest. Mit ca. 30 Minuten Verspätung konnten wir in Richtung Grenze starten.
An der Grenze von Spanien zu Gibraltar standen schon einige Busse und noch mehr Touristen bereit zur Passkontrolle. Es lief aber alles zügig und reibungslos ab.
Telefonzellen und Touristenmassen
Kaum hatten wir das Grenzgebäude passiert, bot sich uns ein amüsanter Anblick: Um die erste rote Telefonzelle drängten sich Dutzende Touristen, die eifrig posierten und Fotos schossen, als wäre dies die Hauptattraktion Gibraltars.
Nur etwa 500 Meter weiter steht eine identische Telefonzelle – vollkommen unbeachtet und ohne jede Menschenansammlung. Wir schmunzelten über dieses typische Touristenverhalten und setzten unseren Weg zum eigentlichen Ziel fort, das weitaus spektakulärere Eindrücke versprach als eine britische Telefonzelle.
Also besser einfach weitergehen. Gibraltar ist voll mit roten Telefonzellen.
Nach der Grenze geht’s quer über das Rollfeld des Flughafens von Gibraltar. An dem pro Tag etwa 3 Maschinen landen und starten, die ausschließlich zwischen Gibraltar und England fliegen.
Durch die Altstadt zum botanischen Garten
Der weitere Weg in Richtung Altstadt war unspektakulär, mit vielen Baustellen.
In der Altstadt selbst war gegen 11 Uhr viel los und die Einkaufsstraßen gut gefüllt. Wir sind erstmal einfach geradeaus durch die Altstadt gegangen und dann irgendwann nach links oben abgebogen. Im botanischen Garten haben wir nach 8 Kilometer unsere erste kleine Pause eingelegt und Roman hat direkt seine erste Bekanntschaft mit asiatischen Tigermücken gemacht.
Außerdem haben wir uns die Karte vom Nationalpark nochmal angesehen und beschlossen, welchen Weg wir nehmen werden. Nämlich in Richtung erster Attraktion „Pillars of Hercules“.
Hier befindet sich zudem auch einer der 4 Eintrittspunkte in den Nationalpark. Wir kauften uns Tickets für 30 £ (~ 35 €) pro Person, mit denen man alle Sehenswürdigkeiten im Park erleben kann.
Erste Begegnungen mit den Berberaffen
Wir entschieden uns, die Abkürzung über die „Mediterranean Steps“ in Richtung St. Michael’s Cave zu nehmen. Kurz vor der Höhle saßen die ersten Berberaffen auf unserem Weg. Mit etwas Respekt gingen wir langsam und mit genug Abstand an ihnen vorbei.
Am Platz vor der Höhle kletterten mehrere Affen an Geländern, Bäumen und Gebäuden herum. Unter anderem auch zwei ganz kleine Äffchen, die überraschend nah an uns vorbeiliefen und ihre Mutter mit ihren Kletteraktionen auf Trab hielten.
Nachdem die kleinen Äffchen weg waren, hatten wir Zeit, die St. Michael’s Cave zu besuchen. Eine Tropfsteinhöhle, deren Felsformationen bunt beleuchtet sind. Darin findet in regelmäßigen Abständen eine Lichter-Show statt.
Eine Legende besagt, dass von hier aus ein Tunnel nach Marokko führt, über den die Berberaffen nach Gibraltar gekommen sein sollen.
Wieder draußen angekommen, wurden die kleinen Äffchen von vorhin bereits von Touristen gefüttert. Was man aus diesem Grund übrigens nicht tun sollte:
„Abgesehen davon, dass es illegal ist und unnatürliche Nahrung schlecht für sie ist, hat die Handfütterung langfristige negative Folgen für die Makaken, die tendenziell den Respekt vor Menschen verlieren, was wiederum nur dazu führt, dass sie uns gegenüber aggressiver werden.“ Übersetzung der General Guideline
Ein paar 100 Meter weiter sehen wir, wie ein Affe einer Frau eine Tüte aus der Hand schnappt. Er reißt den Plastik-Zipbeutel auf und holt sich seinen ergatterten Kuchen und Apfel heraus. Und frisst ganz gemütlich neben uns.
500 Meter weiter ist auch schon die nächste Attraktion: Der Skywalk. Wir schauen nur kurz hoch, machen ein paar Fotos von der Aussicht und gehen dann auch schon wieder runter von der Plattform. Aufgrund der vielen Leute, konnte man diesen Aussichtspunkt nicht wirklich genießen. Da gibt es am restlichen Weg schönere Plätze.
Auf der Straße nach dem Skywalk stauen sich die Taxi-Busse vor uns. Und wir müssen uns an ihnen vorbeischlängeln. Die Affen sitzen am Geländer neben der Straße und hoffen auf Futter aus den Taxis.
Ein kleines Stück weiter ist auch schon die Bergstation der Gondel. Hier hätte es wohl eine Aussichtsplattform gegeben, die wir verpasst haben. Wir dachten nämlich, dass sich hinter der Schranke nur der Zutritt zur Seilbahn befindet.
Bergab über die Nordseite
Die Hauptattraktionen der Strecke liegen damit jetzt hinter uns. Und wir gehen bergab. Bald auch endlich ohne ständig Taxis ausweichen zu müssen, weil wir den Wanderweg abseits der befahrenen Straße genommen haben.
Auf der Nordseite des Affenfelsen gab es dann noch 3 weitere Sehenswürdigkeiten zu erkunden:
- Great Siege Tunnels
Ein Netzwerk von Tunneln, die britische Soldaten während der Belagerung im 18. Jahrhundert in den Felsen geschlagen haben. Von hier aus verteidigten sie Gibraltar mit Kanonen, die durch Öffnungen im Fels auf die Angreifer gerichtet waren.
- World War II Tunnels
Ein ausgedehntes unterirdisches System, das während des Zweiten Weltkriegs ausgebaut wurde. Diese Tunnel dienten als geschützte Unterkunft für Tausende Soldaten und als Militärkrankenhaus. Sie sind deutlich größer als die älteren Great Siege Tunnels und reichen tief in den Felsen hinein.
- Moorish Castle
Eine mittelalterliche Burg aus dem 8. Jahrhundert. Von oben hat man nochmal eine schöne Aussicht über Gibraltar. Hier befindet sich übrigens ein weiterer Eintrittspunkt zum Nationalpark. Von hier aus könnte man die Runde auch in die andere Richtung starten.
Mit müden Füßen ging’s jetzt nur noch bergab, erneut durch die Altstadt und zurück in Richtung Ankerplatz. Es ist immer spannend, ob wir das Beiboot genauso wieder vorfinden, wie wir es abgestellt haben. Im Inneren des Hafens gäbe es die Möglichkeit, das Beiboot gegen eine Gebühr von 6 € pro Tag abzustellen.
Unser Fazit
Die Wanderung auf den Affenfelsen hat sich für uns auf jeden Fall gelohnt. Die Kombination aus Geschichte, Natur und den unvergesslichen Begegnungen mit den Berberaffen macht diesen Landgang zu unserem ersten Highlight im Mittelmeer.
Würden wir heute etwas anders machen?
Wir würden unsere Runde etwas anpassen, damit wir auch bei der Hängebrücke (Windsor Suspension Bridge) vorbeikommen. Denn die haben wir leider verpasst. Die Entscheidung, den Berg zu Fuß zu erklimmen anstatt Gondel oder Taxi zu nehmen, bereuen wir keine Sekunde – nur so bekommt man wirklich mit, wie vielseitig dieser kleine Flecken Erde ist.
Für andere Segler:innen, die in Gibraltar Station machen: Nehmt euch unbedingt einen halben Tag bis ganzen Tag Zeit für diese Wanderung. Sie bietet nicht nur eine willkommene Abwechslung zum Leben an Bord, sondern auch einzigartige Perspektiven auf die Straße von Gibraltar, die man vom Wasser aus so nie erleben würde. Und vergesst nicht eure Reisepässe.
Der wahre Luxus des Segelns liegt für uns nicht nur in der Freiheit auf dem Wasser, sondern auch in solchen besonderen Landgängen, die unseren Horizont erweitern und uns die Vielfalt unserer Reiseroute erst richtig bewusst machen.